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Die Grantler:in – Kunst einen (T) Raum geben

Kolumne über politische Kunst und Orte, an denen sie stattfindet.

Wien, 06. Juli 2024. Bunte Menschen tanzen unter einer Brücke zu Live-Musik. Ein junger Musiker schmettert improvisierte Texte ins Mikrofon und wird dabei unterstützt von den jazzigen Beats und Grooves einer ebenso bunten Truppe Musiker:innen. Mikrokultur nennt sich das Kollektiv, das hier zu „Rave + Jame aus buntem Grund“ geladen hat, während der Wind in sein eigenes Horn bläst und den Staub der stampfenden Füße zu kleinen Windhosen formt. Deshalb fliegen auch Haare und blähen sich Kleider, sehr zu Freude der zuschauenden Otto Normalos, die ich aus der Ferne fragen zu hören glaube, was hier denn los sei. Aber gerade jetzt, wo die Musiker:innen jammen und die leicht bekleidete, wunderschöne Menschenmenge nicht stumpf zu dunklen Techno-Beats stampft, muss doch ein gutes Bild von der Jugend bleiben. Oder etwa nicht?

Politische Kunst braucht keine Bühne, nur Menschen, die sie mittragen

Kunst und Kultur, politisch, nur ohne spießige Bühne, feiern heute unter einer Brücke auf der Donauinsel und gerahmt von Stahl und Beton ihr wichtiges Dasein. Und irgendwie erinnert mich dieses klimatisch und „ein bisserl“ auch politisch aufgeheizte Treiben an die britische Punk-Rock Band Idles. Die ist zwar ein etwas anderes Kaliber; doch das mit Puppen voll besetzte Gummiboot, das während ihrer Show auf dem diesjährigen Glastonbury Festival über die Köpfe der Fans hinwegschwebte, zeugt davon, dass politische Kunst eben keinen fixen Ort braucht, sondern nur Menschen, die sie mittragen. Übrigens soll niemand geringeres als die Street-Art-Legende Banksy dafür verantwortlich gewesen sein. Und wir sehr dieser Reminder in die Zeit passt! Denn noch immer sterben nicht nur in Gaza und in der Ukraine jeden Tag Menschen. Auch im Mittelmeer wird weiterhin fleißig gestorben; auf der Flucht vor Krieg, Hunger, Folter und Unrecht. Wo die echte Politik also weiterhin versagt, muss es die Kunst richten und immer wieder ein Bewusstsein dafür schaffen, dass man nicht einfach alles hinnehmen kann – auch wenn es selbst kaum weh tut. So ist der Spagat zwischen dem EU-abtrünnigen Großbritannien und dem nach rechts rutschenden Österreich gar kein so großer, zumindest nicht heute, an diesem heißen Sommerabend.